Oberbüren/ Kriens, 20. September 2022 – Der Mozzarella rollt weiter auf Erfolgskurs: Zum vierten Mal hat Supply Chain-Automatisierer Westfalia Logistics Solutions Switzerland AG in großem Umfang die Intralogistik der Züger Frischkäse AG ausgebaut. Und dabei mit einer Erweiterung des Frischelagers die Auslagerleistung des Gesamtsystems um 150 Paletten auf 400 Paletten pro Stunde sowie die Lagerkapazität um 700 Palettenstellplätze erhöht.
Nach der Auftragsvergabe im März 2020 ging im Dezember 2021 die Westerweiterung der größten Mozzarella-Herstellerin und fünfgrößten Milchverarbeiterin der Schweiz in Betrieb. 1998 als AG gegründet, hat das Familienunternehmen in Oberbüren inzwischen 280 Beschäftigte. Die Westerweiterung wurde über 20 Monate realisiert. Insgesamt hat das Unternehmen mehr als 10 Mio. CHF investiert.
Produkte auf Höhe der Zeit
Die Züger Frischkäse AG hat ihr Wissen über die sorgfältige Käseherstellung in der Familie weitergetragen. Bereits der Ur-Urgroßvater der jetzigen Eigentümer Christof und Markus Züger war 1850 mit Leib und Seele Käser. Vater Edwin Züger wollte statt traditioneller Käsesorten die noch wenig bekannten Frischkäseprodukte herstellen. 1984 war der erste Züger-Mozzarella marktreif. Bis heute liegen Frischkäseprodukte im Trend. Neben Mozzarella entstehen unter anderem Butter, Frischkäse, Mascarpone, Ricotta und Quark, Hirtenkäse, Hütten- oder auch Grill- und Bratkäse.
Christof und Markus Züger haben mit Innovationsgeist und unternehmerischen Mut Export-Märkte erschlossen, neue Spezialitäten und verschiedene Convenience-Produkte auf den Markt gebracht. Seit Juni ist die Weltneuheit „Züger MozzaVella“, ein veganer Mozzarella auf Mandel-Hafer-Basis, im Handel und schaffte beim Innovationswettbewerb der Anuga 2021 „Taste“ unter 1.600 Neuheiten auf Anhieb den Sprung in die Top 60. „Wir bauen das vegane Sortiment weiter aus“, so Christof Züger. „Es folgen vegane Alternativen zu Mascarpone, Salatkäse und Cottage Cheese.“
Das Unternehmen setzt modernste Technologie wie einen Koagulator und umfassende Automation ein. 2019 ging eine Solaranlage mit einer Jahresleistung von 450.000 kWh in Betrieb. 50 Prozent der Produkte werden exportiert, sogar nach Indien und Südkorea. Hauptabnehmer ist Deutschland. Der Betrieb verarbeitet täglich zwischen 400 und 450 Tonnen Milch, davon etwa 20 Prozent Bio-Milch. Nachdem sich die Menge innerhalb von zehn Jahren verdoppelt hat, ist in den nächsten Jahren erneut eine Kapazitätserweiterung geplant. „Mit neuesten Technologien möchten wir unser Unternehmen stetig weiterentwickeln und so den sich immer schneller ändernden Kundenbedürfnissen begegnen“, sagt Christof Züger.
Logistisch für hohe Produktionsmenge aufgestockt
René Giger vom Westfalia-Vertrieb Schweiz hat seit 2006 die Intralogistik-Automatisierung des Betriebs begleitet. 2010 realisierte Westfalia als ersten Auftrag das kompakte automatische Frischelager mit 2.500 Palettenstellplätzen. Das hat der Intralogistikspezialist beim inzwischen 4. umfangreicheren Auftrag nun nach Westen erweitert. „Die Durchsatzleistung mussten wir erhöhen, die wachsende Anzahl an Produkten konnte logistisch nicht mehr durch den Betrieb geführt werden“, beschreibt René Giger die Herausforderung. „Außerdem musste mehr Verpackungsmaterial eingelagert werden, um unter anderem steigende Preise, Rohstoffverknappung, Verfügbarkeiten und längere Lieferfristen abzufedern. Die 700 zusätzlichen Frischelager-Stellplätze hatten sich durch das kompakte Layout angeboten.“ Die selbsttragende Silobauweise spart dabei Kosten für den Hallenbau.
Alle Etagen flexibel angebunden
Bislang gab es im Gesamtsystem mit einem täglichen Durchsatz von ca. 2000 Paletten, das das automatische Kühllager mit einem Tiefkühllager und einem Verpackungslager verknüpft, sechs Senkrechtförderer (SKF). René Giger: „Wir haben zwei weitere einsäulige Senkrechtförderer installiert und auf fünf Ebenen mit zusätzlicher Fördertechnik angebunden. Die Lifte sind mit Rollenförderern auf Drehtischen ausgerüstet. So lassen sich Ladeeinheiten je nach Geschoss sowohl stirnseitig als auch seitlich aufnehmen und übergeben.“
Die SKF befördern mit bis zu 90 Metern pro Minute über eine Hubhöhe von 24,5 Meter zusätzlich ca. 150 Paletten pro Stunde zwischen Einlagerung im 5. Obergeschoss, Auslagerung im 4. OG, einem Nassbereich mit Edelstahl-Fördertechnik und Produktionsebene im 2. OG, dem Erdgeschoss, das als Pickebene dient, und dem Untergeschoss mit Blocklagern. Die Erweiterung erhöht zudem die Einlagerleistung aus der Produktion und der Verpackungsaufgabe. Die Anlagen laufen rund um die Uhr. Die nebeneinander liegenden Schächte sind mit Brandschutztüren von den fünf angeschlossenen Geschossen getrennt.
Fotos: Westfalia Logistics Solutions Europe/ Marcello Engi
Der Satellit® fährt vom Regalbediengerät aus in die mehrfachtiefen Lagerkanäle des Verpackungslagers. Die hohe Kapazität ermöglicht, bei günstigen Marktpreisen viele Verpackungen einzukaufen und vorzuhalten.
Das Lagersystem versorgt die Produktion passgenau und füllt den Verpackungsvorrat auf. Werden Verpackungen im Produktionsprozess benötigt, transportieren Lager- und Fördertechnik sie vom Verpackungslager zum Senkrechtförderer und zur Produktion.
Mehr Waren auf die Schiene – im Frischelager der Züger Frischkäse AG ist das längst Realität. Schnelle Ein- und Auslagerstränge und zwei RBG in einer Lagergasse schaffen den nötigen Durchsatz des weiter wachsenden Sortiments.
Auch bei frostigen -18 °C schnurrt die Westfalia-Technik. Im TK-Lager lagern zum Beispiel vorgeschnittene Mozzarella-Stangen, die im Abnehmerland aufgetaut und für die Sandwichproduktion verwendet werden.
Aus Platzgründen aufs Dach gesetzt
Die hohe Zahl der Senkrechtförderer ist eine Besonderheit des Lagersystems: „Wegen der beengten Platzverhältnisse war unsere Lagertechnologie mit Satellit® von Beginn an ein Muss für die Logistiklösung – alle drei Lager haben wir aufs ehemalige Dach gebaut“, so Giger. Denn die besonders kompakten mehrfachtiefen Lager mit bis zu fünf Ebenen lassen sich auf knapp bemessene Flächen zuschneiden.
„Nach dem Frischelager von 4 °C mit 115 mal 15 mal 11 Metern haben wir 2012 das Tiefkühllager von -18 °C mit 30 mal 24 mal 11 Metern und 1.400 Stellplätzen installiert. 2014 folge das Verpackungslager mit 40 mal 34 mal 11 Metern und ca. 3.000 Regalstellplätzen für Paletten. Wir haben so die firmeninternen Intralogistik-Abläufe automatisiert.“ So wurden bei einem Kunden alle Temperaturzonen in Betrieb genommen.
Einmal das Westfalia-Komplettpaket
Ausgelegt ist das System für Europaletten aus Holz und Kunststoff, für Paloxen aus Kunststoff und für bis zu 1,3 Meter breite, 0,9 Meter tiefe und 1,8 Meter hohe Ladeeinheiten. Im Kühl- und Tiefkühllager sind sie bis zu einer Tonne schwer, die Verpackungsmaterial-Einheiten bringen es auf jeweils bis zu 250 kg. Alle Komponenten seiner Lagersysteme inklusive eigener Speicherprogrammierbarer Steuerung (SPS) und seiner Schlüsseltechnologie Satellit® für die besonders kompakte Lagerung hat Westfalia bei Züger verbaut, darunter Rollenbahnen, Rollenförderer, Kettenförderer, Drehtische und zwei Querverschiebewagen, die die Pickzone im Erdgeschoss versorgen.
Die vier Regalbediengeräte transportieren ca. je 60 Paletten pro Stunde im Doppelspiel und sind mit dem Lastaufnahmemittel Ketten-Satellit® ausgestattet. Die RBG Im Verpackungslager und im Frischelager lagern längs ein, das RBG im TK-Lager quer. Um im Frischelager die Zugriffsfrequenz zu verdoppeln, fahren zwei RBG auf einer Schiene. Jedes Lager kommt mit einer Gasse aus. Die geringe Anzahl an Fahrzeugen vermindert wegen der geringeren Grundlast im Standby den Energieverbrauch, bei weniger Einzelkomponenten sinkt auch der Wartungsaufwand. Eine Modernisierung der Elektromechanik war bislang nicht notwendig.
Mit bis zu 18 Stellplätzen hintereinander gehören die Lagerkanäle im Verpackungslager von Züger zu den tiefsten von Westfalia realisierten. In diesen entfernt sich der Satellit bis zu knapp 25,6 Meter vom RBG. Diese Kanäle bieten sich insbesondere bei sortenreinen oder solchen Artikeln an, auf die nur mit mittlerer Frequenz zugegriffen werden muss, nutzen dafür aber ca. 95 Prozent des Raums zur Lagerung.
Lagerverwaltung, Materiaflusssteuerung und 8.000 Fahraufträge pro Tag
Westfalias Warehouse Execution System Savanna.NET® generiert bei Züger täglich bis zu 8000 Fahraufträge. Es bündelt Warehouse Management und Warehouse Controlling, verwaltet also Stellplätze, Lagerbestand und steuert zugleich den Materialfluss – „mit allen projektspezifischen Besonderheiten wie 2 RBGs auf einer Schiene oder einem Senkrechtförderern mit zwei Lastaufnahmemitteln übereinander“, erklärt Christian Goltermann, Vertriebsleiter Software & IT bei Westfalia. „Es tauscht Daten mit dem Host-System CSB aus, befüllt und leert automatisch eine Schnellkühlzone, versorgt eine Pickzone und die drei unterschiedlichen Produkt- und Temperaturzonen Frische, Tiefkühl und Normaltemperatur für Verpackung.“
Neben der Software implementierte Westfalia zusätzliche Savanna-Workstations der Marke TERRA als Client des CSB-Hostsystems, einer auf die Lebensmittelbranche spezialisierten Enterprise Resource Planning (ERP)-Software. 20 TERRA-Workstations sind über das gesamte Werk verteilt an Aufgabepunkten platziert. Nachgerüstet wurde das System außerdem mit sechs Kontrollscannern mit Schnittstelle zu Savanna und ERP-System. Ein Datenversatz zwischen Lagerverwaltung und Materialflussrechner sei so ausgeschlossen, betont René Giger: „Eine zeitaufwendige Fehleranalyse entfällt.“ Noch einmal „aufs Dach steigen“ wird Westfalia dem langjährigen Kunden für kommende Erweiterungen zwar nicht, doch auch für diese gilt, die zusätzliche Gewerbefläche so effizient wie möglich zu nutzen.
Nachhaltige Lagerautomatisierung für höhere Produktivität
Die schrittweise Erweiterung des automatischen Lagersystems auf engstem Raum kommt der Unternehmensentwicklung entgegen, erklärt Silvan Egger, zuständiger Projektleiter bei der Züger Frischkäse AG. „Obwohl wir das erste Lager bereits in 2010 realisiert haben, konnten wir dieses aufrüsten, umrüsten und auf den neuesten Stand bringen. Diese Erweiterbarkeit hat für das Unternehmen und dessen Entwicklung große Vorteile. Durch die aktuelle Erweiterung um zwei Senkrechtförderer können wir die Produktivität massiv erhöhen. Speziell in der Logistik müssen die LKW nicht mehr auf Ihre Paletten warten.“
Die langjährige Kooperation habe sich bewährt, so Silvan Egger: „Aufgrund der spezifischen Fachkenntnisse haben wir die für uns beste Lösung. Dazu gehört auch ein möglichst einfaches Ersatzteillager und gleichbleibende Komponenten wie in den Vorjahren. Wir arbeiten mit denselben, langjährigen Westfalia-Mitarbeitern. Ideen und Verbesserungen konnten im laufenden Projekt umgesetzt werden. Und wir konnten die neue Anlage hervorragend in das bestehende System integrieren.“ Daher empfehle er den Intralogistikspezialisten auf jeden Fall weiter, so der Projektleiter. „Westfalia ist ein hochspezifisches KMU mit sehr kompetenten Mitarbeitern. Die Firma hat eine hohe Fertigungstiefe, das heißt, sie kauft nicht nur alles zu, sondern ist Anlagenbauerin. Westfalia fertigt selbst, die Regalbediengeräte sind robust und langlebig. Auch steuerungstechnisch sind im Haus alle Lösungen mit uns erarbeitet und umgesetzt worden.“
Produkteinlagerung im 2. OG: Hand-Vor-Ort-Panels und das Warehouse Execution System Savanna.NET® sorgen für Prozesstransparenz und ermöglichen manuelle Korrekturen der Lagerstrategie. Rund 8000 Fahraufträge generiert das Westfalia-WES täglich.
Zwei Senkrechtförderer machen den Unterschied. Mit bis zu 90 Metern pro Minute überwinden sie 24,5 Meter, verbinden durch Drehtische mit Rollenförderern alle Stockwerke flexibel. Das System steigert die Auslagerleistung um 150 auf 400 Paletten pro Stunde.
Die besonders kompakten mehrfachtiefen Lager lassen sich auf knapp bemessene Flächen zuschneiden. Bei der Züger Frischkäse AG wurden sie auf das ehemalige Dach gebaut. Luftaufnahme: Fabio Martin